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Energie

Mehr Meilen: Bis zu 15 Prozent Verbrauchseinsparung

Weniger Verbrauch und sehr leise: Elektrische Antriebe bieten nicht nur für den Lkw, sondern auch im Trailer große Vorteile. Mit der Entwicklung einer Familie elektrischer Achsen bereitet sich SAF-HOLLAND auf den Paradigmenwechsel im Transportwesen vor.

Mehr Meilen: Bis zu 15 Prozent Verbrauchseinsparung

Jeder eingesparte Liter Diesel zählt. Der Kraftstoff stellt für den Spediteur den zweitgrößten Kostenblock nach dem Fahrerlohn dar. Daher erforschen derzeit alle Lkw-Hersteller, ob elektrifizierte Zugmaschinen eine positive Kosten-Nutzen-­Bilanz erzielen können. Weniger im Fokus stand dabei der Trailer, der über keinen eigenen Antrieb verfügt. Mit der Entwicklung von zwei elektrifizierten Trailerachsen zeigt SAF-HOLLAND nun, dass sich der Einsatz von Elektromaschinen auch im Auflieger lohnen kann. Dabei verfolgt der Nutzfahrzeugzulieferer zwei Konzepte: Die SAF TRAKr mit einer Leistung von 30 Kilowatt und kurzzeitig bis zu 50 Kilowatt arbeitet während des Bremsens als Generator. Mit dem so gewonnenen Strom können elektrische Verbraucher, zum Beispiel das Kühlaggregat, betrieben werden. Die SAF TRAKe entlastet mit einer Maximalleistung von 120 Kilowatt hingegen zeitweise auch den Antrieb der Zugmaschine.

Schon die kleine E-Maschine in der SAF TRAKr kann erheb­liche Einsparungen erzielen. Denn bislang werden in Kühlaufliegern Dieselgeneratoren verwendet, die auch im Stand ­laufen ­müssen, damit temperaturempfindliche Fracht nicht verdirbt. Gelingt es, sie temporär batterie-elektrisch zu betreiben, profitiert nicht nur der Spediteur, sondern auch die Umwelt. Denn so entstehen keine Abgase und deutlich geringere Geräuschemissionen. Eine Nischenanwendung ist das nicht, denn jeder fünfte neu zugelassene Trailer in Europa ist mit einem Kühlaggregat ausgestattet. Wie hoch die Kraft­stoffeinsparung bei Einsatz der TRAKr ausfällt, hängt vom jeweiligen Einsatzzweck ab. „Da spielen mehrere Faktoren eine ­Rolle“, erläutert Olaf Drewes, der bei SAF-HOLLAND die Vorausentwicklung verantwortet. „Je nach Region und Jahreszeit unterscheidet sich die benötigte Kühlleistung erheblich.“ Die leistungsstärkere SAF TRAKe kommt immer dann zum Einsatz, wenn zusätzlich hohe Antriebsleistung benötigt wird – etwa dann, wenn der Lkw bergauf fährt oder beschleunigen soll. Dann stellt der Elektromotor bis zu 4.100 Newtonmeter zu­sätzliches Drehmoment an den Rädern bereit. Die Zusatz­unterstützung ist auch willkommen, wenn der Sattelzug im ­Innenstadtbereich elektrisch betrieben werden soll, um die Anwohner vor den Geräuschen anliefernder Lkw zu schützen. Nicht nur für Lebensmittel-, sondern auch für Autotrans­porter sieht SAF-HOLLAND hier interessante Anwendungen. Bei letzteren könnte der Elektroantrieb über einen optionalen Nebenantrieb am Getriebe im Trailer auch die Hydraulik­pumpe für die Hebebühnen geräuscharm antreiben. Dies ist beim Be- und Entladen der Fahrzeugtransporter in der Stadt vorteilhaft, da dann die Anlieferung auch nachts erfolgen kann. LOHR Industrie ­arbeitet derzeit zusammen mit SAF-HOLLAND an der Realisierung solcher Anwendungen. Zum Einsatz kommt hierbei die SAF TRAKe.

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    Radkopf ohne Änderungen gegenüber Serienstand bei den Verschleißteilen und bei der Bremse.

  • 2Modularer Aufbau führt zu hoher Flexibilität.
  • 3Motor-Getriebe-Einheit mit 50 Kilowatt Maximalleistung.

Die SAF TRAKr liefert Energie – zum Beispiel für das Kühlaggregat.

Olaf Drewes, Director Advanced Research & Technology
Modulare Achsfamilie

Alle elektrifizierten Achsen von SAF-HOLLAND bilden eine ­Familie, deren Grundkonstruktion identisch ist. Die Motor-­Getriebe-Einheit befindet sich jeweils in der Achsmitte; sie ist über Achswellen mit den Radnaben verbunden. „Das gibt uns eine hohe Flexibilität, verschiedene Kundenbedürfnisse und Marktanforderungen abzubilden“, sagt Drewes. Das Getriebegehäuse ist Teil des tragenden Achsgehäuses – das spart ­Gewicht und ermöglicht zudem, die Anbindungspunkte gegenüber konventionellen Achsen nicht zu verändern. Welche ­Achse für welchen Kunden die richtige Lösung darstellt, will SAF-HOLLAND künftig mit einem Simulationsprogramm berechnen, das derzeit in Zusammenarbeit mit der Technischen Universität Braunschweig entsteht. Die Software berücksichtigt sowohl typische als auch kundenspezifische Routen und damit auch die entsprechende Topographie – und gibt am Ende die bei einer bestimmten Batteriegröße zu erwartende Kraftstoffeinsparung aus. „Unser Ziel ist es, dem Kunden eine optimale Konfiguration zu empfehlen“, so Drewes. „Eine Einsparung von bis zu 15 Prozent ist jedoch durchaus realistisch.“ Das zu erwartende Mehrgewicht im Trailer beträgt je nach Achsversion und Batteriegröße zwischen 500 kg und 1.000 kg. Es gibt allerdings Bestrebungen, die derzeit geltenden Vorschriften zu erweitern, um dem Einsatz elektrischer Systeme im Trailer Rechnung zu tragen. Lkw und Zugmaschinen dürfen nämlich ein Zusatzgewicht für die elektrischen Komponenten von bis zu 1.000 kg an Bord haben, ohne dass die zulässige Nutzlast sinkt.

Parallel dazu laufen derzeit erste Hardware-Versuche. Sicher ist aber schon: SAF-HOLLAND versteht sich künftig als ­Systemanbieter für elektrifizierte Achsen, das schließt die Komponenten Batterie, das Thermomanagement und die elektronische Steuerung ein. „Alle Komponenten sind aufeinander abgestimmt“, versichert Drewes. „Dafür bauen wir unser Team und unser Know-how kontinuierlich aus.“ Zur IAA 2020 soll die Arbeit Früchte tragen: Die E-Achsen von SAF-HOLLAND sollen dann bereit für den Produktionsstart sein.

Drei Fragen an Marie-José Navarre, LOHR Industrie S.A.

LOHR Industrie ist seit mehr als 50 Jahren in Konzeption, Herstellung und Vertrieb von Gütertransportsystemen tätig. Die LOHR-Gruppe mit Stammsitz im ­Elsass zählt rund 2.000 Mitarbeiter weltweit. Mit SAF-HOLLAND kooperiert LOHR Industrie bei der Entwicklung elektrischer Trailerachsen.

Marie-José Navarre ist Stellvertretende
Generaldirektorin von LOHR Industrie S.A.

Warum nutzt LOHR Industrie E-Achsen in seinen Anhängern?

LOHR Industrie: Axeal (AXle Electric Assist Lohr) ist völlig unabhängig von der Zugmaschine und unterstützt den Antrieb beim Beschleunigen und Bremsen mit Energierückgewinnung. Durch Verringerung des Kraftstoffverbrauchs erhöht es die Leistung und verbessert den Fahrkomfort.

Das zentrale mechanische System beinhaltet ein Differential, ein Untersetzungsgetriebe und einen Nebenantrieb, der beim Halten für den Antrieb eines peripheren Systems genutzt werden kann (z. B. eine hydraulische Pumpe). Beim Halten kann der Elektromotor von dem Getriebe getrennt werden, um das periphere System (z. B. eine hydraulische Pumpe) anzutreiben, die beispielsweise zum Betrieb des Anhängers erforderlich ist.

Wie sieht die Roadmap von LOHR Industrie zur Einführung dieser Technologie aus?

LOHR Industrie: Wir werden drei Auflieger für den Auto­transport im ersten Quartal 2019 mit der Technologie ausrüsten und Mitte diesen Jahres schrittweise dann unsere neuen Autotransporter. Wir liefern diese an drei Unternehmen, eines in Süd­afrika, eines in den Vereinigten Staaten und eines in Europa. Um ein möglichst großes Feedback an Erfahrungen zu sammeln, liefern wir für drei verschiedene Anwendungen in Bezug auf ­Beladungsleistung und komplexe urbane Umgebungen.

Warum haben Sie sich für SAF-HOLLAND als Partner für die Umsetzung Ihrer Vision entschieden?

LOHR Industrie: SAF-HOLLAND und LOHR Industrie arbeiten seit über 20 Jahren zusammen. Aufgrund der interna­tionalen Ausrichtung und dem Engagement von SAF-HOLLAND bei der Entwicklung unter­schied­licher E-Mobility-Lösungen war es für uns selbstverständlich, SAF-HOLLAND als Partner für die Entwicklung von Axeal auszuwählen.